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Wer die Coronapandemie leugnet, riskiert eine Kündigung

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Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Darmstadt darf Ihr Arbeitgeber Beschäftigten, die sich im Rahmen ihrer Berufstätigkeit nicht an die Hygienemaßnahmen halten und darüber hinaus die COVID-19-Pandemie leugnen, kündigen (09.11.2021, Az. 9 Ca 163/21). Aber lesen Sie selbst:

Arbeitnehmer hält sich nicht an Hygieneregeln


Der Arbeitnehmer, ein 64-jähriger Berufsschullehrer, war seit 2006 in einem Angestelltenverhältnis tätig. Im November 2020 mahnte ihn sein Arbeitgeber ab. Grund für die Abmahnung war, dass er seinen Mund-Nasen-Schutz während des Unterrichts nur unterhalb der Nase trug. Zudem hatte er das Tragen einer Maske gegenüber seinen Schülern als völlig nutzlos bezeichnet.

Abmahnung bremst den Arbeitnehmer nicht


Die Abmahnung hielt den Arbeitnehmer nicht davon ab, seine Standpunkte weiter zu vertreten. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er das Beschäftigungsverhältnis fristlos. Die fristlose Kündigung wurde allerdings später in eine ordentliche Kündigung zum 31.12.2021 umgewandelt. Gegen die Kündigung klagte der Lehrer.

Abmahnung wäre nicht nötig gewesen


Das ArbG Darmstadt schmetterte seine Kündigungsschutzklage als unbegründet ab. Es sah es als erwiesen an, dass die Vorwürfe des Arbeitgebers hinsichtlich des Verhaltens des Lehrers berechtigt waren. Das Gericht entschied sogar, dass die Abmahnung wegen der Schwere der Beanstandungen entbehrlich sei.

Das begründete es wie folgt: Der Arbeitnehmer habe keinerlei Einsicht gezeigt, dass die gesetzlich geregelten Arbeitsschutzvorschriften unabhängig von seinen persönlichen Meinungen und Einschätzungen zu diesen einzuhalten seien.

Gefährdung steht im Vordergrund


Hier ging es um die Kündigung eines Lehrers. Da Pädagogen immer auch eine Vorbildfunktion haben und entsprechende Äußerungen Risiken bergen, lässt sich die Kündigung eines Lehrers in dieser Situation unter Umständen leichter durchsetzen als eine vergleichbare Kündigung in der Privatwirtschaft. Die Entscheidung des ArbG Darmstadt zeigt allerdings klar, dass für das Gericht nicht allein die Meinungsäußerungen des Arbeitnehmers maßgeblich waren. Es ließ die Kündigungsschutzklage auch scheitern, weil der Arbeitnehmer durch sein Verhalten andere Menschen einer Gesundheitsgefahr ausgesetzt hatte.

Schützen Sie Ihre Kollegen


Gefährdet ein Kollege die Gesundheit anderer durch Pflichtverletzungen oder ein anderes grob fahrlässiges Verhalten, versuchen Sie als Betriebsrat, ihn mit einer überzeugenden Argumentation von der Einhaltung der Pflichten Zu überzeugen. Gelingt das nicht, empfehlen Sie Ihrem Arbeitgeber, zu prüfen, ob er das Verhalten mit einer Abmahnung sanktionieren kann. Eine Kündigung sollte nur als letzte Möglichkeit zum Tragen kommen.

Dabei wären Sie als Betriebsrat nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) anzuhören. Im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigung wird es darauf ankommen, wie groß die Gefahr für andere Kolleginnen und Kollegen sowie Dritte ist und welche weniger harten Möglichkeiten es gibt, die Gefahr in den Griff zu bekommen. Deshalb sollte Ihr Arbeitgeber in solchen Fällen auch stets prüfen, ob er den Kollegen ggf. ins Homeoffice versetzen kann.